Learning Together: Von der Idee bis zum fertigen Produkt - wer steckt hinter der Entwicklung von Kosmetika?

 
 

Von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt sind in der Kosmetikentwicklung zahlreiche Fachbereiche beteiligt.
Jede Rolle trägt Verantwortung - von der Formulierung über die rechtliche Sicherheit bis hin zu Design und Vermarktung.

Wie diese Rollen aussehen können und wer wofür verantwortlich ist, möchte ich dir in dieser Learning Together-Serie zeigen. Natürlich kann es Unterschiede geben, je nachdem, ob man mit einem Großkonzern oder einer Nischenmarke arbeitet.

Wichtig ist zu verstehen:
Es ist unmöglich, dass eine einzelne Person alle Bereiche abdeckt. Die Aufgaben können sich teilweise überschneiden, doch jede Disziplin erfordert spezifisches Fachwissen und Erfahrung. Gute Produktentwicklung ist Teamarbeit und das ist auch gut so.

Let’s learn together.

1. Research & Development (R&D) - die Arbeit im Labor

Hauptaufgabe:
R&D ist der Ursprung jedes kosmetischen Produkts. Hier wird die Formulierung entwickelt, getestet und optimiert.

Was passiert hier konkret:

  • Erstellung des Laborbriefings auf Basis von Marketinganforderungen

  • Auswahl geeigneter Rohstoffe (z. B. Wirkstoffe, Emulgatoren, Konservierungssysteme)

  • Entwicklung von Prototypen und Vergleichsmustern

  • Stabilitäts-, Kompatibilitäts- und Mikrobiologietests

  • Anpassungen nach Sensorik, Hautgefühl und Wirksamkeit

  • Erstellung der Herstellvorschriften (Master Formula)

  • Übergabe an die Produktion (Scale-up)

Praxisbeispiel:
Ein Serum mit Retinal soll hautberuhigend wirken und gleichzeitig gut verträglich sein. R&D entscheidet, ob Retinal verkapselt oder stabilisiert wird, wählt das passende Trägersystem (z. B. Lecithin oder Cyclodextrin) und prüft, ob die Textur stabil bleibt.

2. Regulatory Affairs – Recht, Sicherheit & Verantwortung

Hauptaufgabe:
Regulatory stellt sicher, dass das Produkt gesetzeskonform, sicher und korrekt gekennzeichnet ist.

Was passiert hier konkret:

  • Prüfung aller Inhaltsstoffe gemäß EU-Kosmetikverordnung (EG 1223/2009)

  • Überwachung von Grenzwerten, Verboten und Rohstoffreinheiten

  • Erstellung des Product Information File (PIF)

  • Sicherheitsbewertung durch einen Toxicologist oder Safety Assessor

  • Benachrichtigung im CPNP-Portal

  • Prüfung der Werbeaussagen und Claims

  • Kontrolle der Etikettierung (INCI, Batchnummer, Haltbarkeit, Herstellerangaben)

Praxisbeispiel:
Wenn Marketing „Anti-Aging“ auf die Verpackung schreiben möchte, prüft Regulatory, ob diese Aussage wissenschaftlich belegt und innerhalb der EU-Richtlinien zulässig ist.

3. Marketing & Brand Management - Idee, Emotion & Strategie

Hauptaufgabe:
Marketing ist der kreative Ausgangspunkt und die Verbindung zum Markt. Hier werden Zielgruppen, Positionierung, Claims und Kommunikationsstrategien festgelegt.

Was passiert hier konkret:

  • Entwicklung des Produktkonzepts und der Markenbotschaft

  • Erstellung eines Product Development Briefings für R&D (z. B. Hauttyp, Textur, Sensorik, Claims)

  • Konkurrenzanalysen und Trendbeobachtung

  • Preisstrategie & Positionierung (z. B. Premium, Apotheken- oder Naturkosmetik)

  • Planung von Produktlaunches, Kampagnen & PR-Events

  • Zusammenarbeit mit Design, Packaging & Social Media

Praxisbeispiel:
Das Marketing-Team erkennt den Trend zu leichten Sonnenschutzformulierungen mit porenverfeinernden Wirkstoffen und gibt das Briefing, eine Hybrid-Care-Textur zu entwickeln. Das Labor erhält daraufhin die Aufgabe, Breitbandfilter mit Niacinamid und Panthenol in einer nicht-fettenden, schnell einziehenden Gel-Cream-Textur zu formulieren.

4. Packaging Development - Schutz, Stabilität & Nachhaltigkeit

Hauptaufgabe:
Das Packaging-Team wählt die passende Verpackung, die die Formulierung schützt, benutzerfreundlich ist und den Markenwert transportiert.

Was passiert hier konkret:

  • Auswahl der Primärverpackung (z. B. Airless-Pumpen, Pipettenflaschen, Tiegel)

  • Prüfung auf Materialkompatibilität (Migration, Adsorption, Reaktionen)

  • Dichtigkeitstests und Stabilitätsprüfungen mit Verpackung

  • Nachhaltigkeitsbewertung (Recyclingfähigkeit, Materialherkunft, CO₂-Bilanz)

  • Erstellung technischer Zeichnungen & Abstimmung mit Lieferanten

  • Artwork-Freigabe gemeinsam mit Marketing & Regulatory

Praxisbeispiel:
Ein Vitamin-C-Serum benötigt eine licht- und luftdichte Verpackung. Packaging schlägt eine Airless-Pumpe mit UV-Schutz vor, um Oxidation zu vermeiden.

5. Produktion & Qualitätssicherung (QA/QC) – vom Labor zum Produkt

Hauptaufgabe:
Hier wird die Laborformulierung unter GMP-Bedingungen in großen Mengen produziert.

Was passiert hier konkret:

  • Herstellung gemäß Good Manufacturing Practice (GMP)

  • Rohstoffeingangskontrolle & Chargenprüfung

  • Prozessvalidierung (pH, Viskosität, Dichte, Mikrobiologie)

  • Abfüllung, Etikettierung & Verpackung

  • Endkontrolle jeder Charge (Freigabeprotokoll)

  • Rückstellmuster & Dokumentation

Praxisbeispiel:
Die Laborformulierung wurde erfolgreich getestet. In der Produktion wird sie auf beispielsweise 1000 kg hochskaliert. QA prüft, ob sich Viskosität und Stabilität verändern und ob die Abfüllung reibungslos funktioniert.

6. Supply Chain & Einkauf - Materialfluss & Organisation

Hauptaufgabe:
Supply Chain sorgt dafür, dass alle Materialien rechtzeitig, in der richtigen Qualität und Menge verfügbar sind.

Was passiert hier konkret:

  • Auswahl & Bewertung von Lieferanten

  • Rohstoff- und Verpackungsbeschaffung

  • Preisverhandlungen & Terminmanagement

  • Koordination zwischen Labor, Produktion & Marketing

  • Bestandsüberwachung und Nachproduktion

  • Optimierung logistischer Abläufe

Praxisbeispiel:
Ein neuer Wirkstoff hat eine Lieferzeit von 12 Wochen. Supply Chain stimmt sich mit R&D ab, damit die Testproduktion rechtzeitig starten kann.

7. Kommunikation & Education - Wissen sichtbar machen

Hauptaufgabe:
Dieser Bereich übersetzt wissenschaftliches Wissen in verständliche Kommunikation - für Schulungen, Verkauf und Konsument:innen.

Was passiert hier konkret:

  • Erstellung interner Trainingsunterlagen für Sales & Beratung

  • Fachkommunikation für Dermatolog:innen, Apotheken & Presse

  • Übersetzung wissenschaftlicher Daten in verständliche Sprache

  • Erstellung von Content (z. B. Blog, Social Media, Schulungsvideos)

  • Unterstützung bei Launch-Events oder Workshops

Praxisbeispiel:
Für ein neues Peeling mit Gluconolacton erklärt der Science Communicator, wie sanfte Polyhydroxysäuren wirken und warum sie auch für empfindliche Haut geeignet sind.

8. Co-Creation & Influencer Collaboration - Konsumentenstimme & Trendübersetzer

Welche Rolle spielen Influencer:innen in der Produktentwicklung?
In den letzten Jahren hat sich die Produktentwicklung durch Social Media stark verändert. Viele Marken binden Influencer:innen gezielt ein - nicht nur fürs Marketing, sondern auch in kreative Prozesse. Ihr direkter Draht zur Community und ihr Gespür für Trends machen sie für Unternehmen besonders wertvoll: Sie liefern Einblicke in Konsumentenbedürfnisse, Verpackungsdesign, Texturpräferenzen oder Kommunikationsstile. Ihre Rolle unterscheidet sich jedoch klar von der eines formulierungstechnischen oder regulatorischen Fachpersonals - sie bringen Ideen, Feedback und Reichweite, aber keine wissenschaftliche oder rechtliche Verantwortung.

Hauptaufgabe:
Influencer:innen, die in die Produktentwicklung eingebunden werden, bringen Erfahrungswissen, Trendbewusstsein und Community-Verständnis ein, um Produkte marktnäher zu gestalten.

Ihre Rolle in der Produktentwicklung:

  • Verbindungsglied zwischen Konsument:innen und Marke

  • Feedback aus Anwendungspraxis & Social-Media-Trends

  • Keine Labor- oder Sicherheitsaufgaben

Typische Aufgaben:

  1. Konzeptphase: Input zu Trends, Community-Befragungen, Briefing-Teilnahme

  2. Entwicklungsphase: Feedback zu Prototypen (Sensorik, Duft, Textur, Anwendung)

  3. Launchphase: Co-Creation-Content, Kampagnenunterstützung, Storytelling

Typische Bezeichnungen:
Co-Creator / Brand Partner / Creator Consultant / Creative Strategist

Praxisbeispiel:
Eine Marke plant eine Gesichtscreme mit Barrier-Repair-Fokus. Evidenzbasierte Skincare-Creator*inn testenLaborprototypen, geben Feedback („weniger Filmgefühl“) und helfen, Claims konsumentenverständlich zu formulieren („beruhigt gestresste Haut“). Zum Launch erklären sie die Entwicklung in einer edukativen Story-Serie - das Produkt wird authentischer, nachvollziehbarer und marktnäher.

Die Entwicklung von Kosmetika:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass hinter jedem kosmetischen Produkt weit mehr als nur eine gute Idee steckt. Es ist das Ergebnis eines präzisen Zusammenspiels aus Wissenschaft, Handwerk und Strategie. Von der ersten Skizze im Labor über Stabilitätstests, Sicherheitsbewertungen und Verpackungsdesign bis hin zur Vermarktung - jedes Detail ist wichtig. Jedes Team trägt Verantwortung: für Wirksamkeit, Sicherheit, Ästhetik und die Botschaft, die am Ende bei den Menschen ankommt. Eine gute Produktentwicklung ist und bleibt Teamarbeit.

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