Learning Together: Synthetische vs. natürliche Duftstoffe

 
 

Duftstoffe spielen in der Kosmetik eine wichtige Rolle: Sie geben Produkten Charakter, verbessern die sensorische Wahrnehmung und tragen wesentlich zum Anwendungserlebnis bei. Gleichzeitig sind Duftstoffe oft Gegenstand von Mythen, Missverständnissen und Angstkommunikation - besonders wenn Begriffe wie Erdöl, chemisch, synthetisch oder natürlich fallen.

In diesem Learning-Together Artikel schauen wir uns an, wie synthetische und natürliche Duftstoffe entstehen, worin sie sich unterscheiden und welche Vor- und Nachteile beide Klassen wirklich haben. Was wirklich dahintersteckt und warum die Herkunft nichts über die Sicherheit verrät.

Let’s learn together.

Grundlagen: Was sind Duftstoffe überhaupt?

Duftstoffe (Aromachemikalien, Parfümstoffe) sind flüchtige, organische Moleküle, die über die Nase wahrgenommen werden.
In Kosmetik werden sie eingesetzt:

  • zur Parfümierung von Produkten

  • zur Überdeckung von Eigengerüchen

  • zur Verbesserung der Anwendungserfahrung

  • für das Marketing, als Teil des Marken-Duftprofils

Sie können natürlichen Ursprungs, synthetisch hergestellt oder beides kombiniert sein.

Natürliche Duftstoffe - was steckt dahinter?

Natürliche Duftstoffe stammen aus:

  • ätherischen Ölen

  • Harzen, Balsamen

  • CO₂-Extraktionen

  • Destillaten und Absolues

  • Pflanzenmaterial (Blüten, Blätter, Wurzeln, Harze, Früchte)

Herstellung:
Durch Pressen, Wasserdampfdestillation, Extraktion oder CO₂-Verfahren werden komplexe Mischungen aus hunderten Molekülen gewonnen.

Charakteristik:

  • vielschichtig

  • stark schwankend (Ernte, Klima, Boden, Alter der Pflanze und dem verwendeten Pflanzenteil)

  • enthalten oft mehrere EU-Duftallergene (z. B. Linalool, Citral, Geraniol, Eugenol)

Vorteile natürlicher Duftstoffe:

  • komplexes Duftprofil

  • „natürliche“ Wahrnehmung durch Konsument:innen

  • potenziell nachhaltige Herkunft - aber nur, wenn verantwortungsvoll angebaut

Nachteile natürlicher Duftstoffe:

  • hohe Schwankungsbreite in Qualität und Duftprofil

  • oft hoher Ressourcenverbrauch (Beispiel: 4.000–5.000 kg Rosenblätter um 1 kg Rosenöl herzustellen)

  • enthalten natürliche Allergene, die nicht entfernt werden können

  • oxidationsanfällig (Bildung von Allergenen, z. B. oxidiertes Limonene)

  • benötigen Antioxidantien, um stabilisiert zu werden

Synthetische Duftstoffe - wie entstehen sie?

Synthetische Duftstoffe werden gezielt durch organische Synthese hergestellt.
Sie bestehen aus einzelnen, definierten Molekülen mit hoher Reinheit.

Wie hängt das mit Erdöl zusammen?

Erdöl ist ein Kohlenstofflieferant. Daraus kann man kleine Moleküle gewinnen (z. B. Benzol, Toluol, Xylol, Ethen), die als Bausteine dienen.
In der Parfümchemie funktionieren sie wie Lego-Steine, aus denen sich Duftmoleküle zusammensetzen lassen.

Das bedeutet: Das fertige Duftmolekül ist ein vollständig neues, gereinigtes Molekül, das chemisch nichts mehr mit Erdöl als Stoff zu tun hat.

Beispiele synthetischer Duftstoffe:

  • Iso E Super

  • Hedione

  • Cashmeran

  • Verdox

  • Benzyl Salicylate (auch natürlicher Ursprung möglich)

  • Galaxolide (Moschus)

  • Ionone (Violett-Duft)

Vorteile synthetischer Duftstoffe

1. Weniger Allergene: Durch gezielte Synthesen können Stoffe entwickelt werden, die weniger oder keine natürlichen Allergene enthalten.

2. Konstante Qualität: Reinheit, Duftprofil und Stabilität sind reproduzierbar, unabhängig von Ernte oder Klima.

3. Ressourcenschonender: Da kein oder weniger Pflanzenmaterial benötigt wird, sind viele synthetische Duftstoffe nachhaltiger herstellbar als natürliche Duftstoffe.

4. Oxidativ stabiler: Sie sind meist weniger oxidationsempfindlich und lassen sich mit Antioxidantien wie BHT stabilisieren.

5. Kosteneffiziente und verlässliche Herstellung: Die Produktion ist planbarer, skalierbarer, günstiger, weniger volatil im Preis.

Das ist besonders für große Marken wichtig, die weltweit standardisierte Formeln benötigen.

Nachteile synthetischer Duftstoffe

1. Manche Konsument:innen bevorzugen „Natur“: Es gibt immer noch viel Skepsis gegenüber dem Begriff „synthetisch“.

2. Manche synthetische Duftstoffe sind persistent: Beispiel: Polycyclic Musks, umweltrelevante Persistenz (wird durch moderne Alternativen zunehmend ersetzt).

3. Weniger komplexes Duftprofil: Einzelmoleküle wirken oft „sauberer“, aber weniger „vielschichtig“ als Naturöle.

Die große Frage: Was ist sicherer - Synthetisch oder natürlich

Weder „natürlich“ noch „synthetisch“ sagt etwas über die Sicherheit aus.

In der EU entscheiden:

  • toxikologische Bewertung

  • IFRA-Einstufung

  • Expositionsabschätzung

  • bekannte Allergene

  • Reinheit

  • Stabilität

Beispiel:
Ein natürliches ätherisches Öl mit 10 verschiedenen Allergenen kann problematischer sein als ein einzelnes, synthetisches Molekül mit hoher Reinheit.

Es geht nicht um „natürlich vs. synthetisch“ - sondern um Funktion, Sicherheit und Qualität

Duftstoffe sind komplex - aber die Herkunft allein sagt nichts über:

  • Sicherheit

  • Wirksamkeit

  • Verträglichkeit

  • Nachhaltigkeit

In der Produktentwicklung von Kosmetik arbeitet man je nach Zielsetzung entweder ausschließlich mit natürlichen Duftstoffen, ausschließlich mit synthetischen Duftstoffen oder - am häufigsten - mit einem durchdachten Mix aus beiden. So lässt sich:

  • die Brandphilosophie widerspiegeln

  • die gewünschte Duftwirkung präzise aufbauen

  • die Menge an Allergenen gezielt reduzieren

  • Kosten und Ressourcen effizienter nutzen

  • und die Stabilität der Formulierung langfristig sichern

Was du dir merken kannst:
Synthetische Duftstoffe sind kein „böses Produkt aus Erdöl“, sondern chemisch definierte, streng geprüfte und oft sogar nachhaltigere Alternativen zu vielen natürlichen Duftstoffen. Entscheidend ist nicht der Ursprung, sondern die Sicherheit, Qualität und Funktion des jeweiligen Moleküls.

Quellen:

IFRA – International Fragrance Association
https://ifrafragrance.org

Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS), Europäische Kommission
https://health.ec.europa.eu

European Chemicals Agency (ECHA)
https://echa.europa.eu

Artificial Synthesis of Natural Fragrance

https://www.researchgate.net/publication/395814342_Artificial_Synthesis_of_Natural_Fragrance

Larsson et al. (2007). Air oxidation of fragrance terpenes.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19125719/

SCCS Opinion on Fragrance Allergens (2012, Update 2021)
https://health.ec.europa.eu/system/files/2021-10/sccs_o_102.pdf

Aromachemicals Synthesis Overview (ScienceDirect)
https://www.sciencedirect.com/topics/chemistry/fragrance

Aromenverband – Herkunft von Vanillin (Guajacol-basierte Synthese)
https://aromenverband.de/wp-content/uploads/2018/04/woher-kommt-vanillin-und-wie-stellt-man-es-her-1.pdf

Rimkus et al. (1999). Polycyclic Musk Fragrances in the Environment.
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0378427499001915

Handbook of Cosmetic Science and Technology
Standardwerk zu Kosmetikformulierung, Duftstoffen und regulatorischen Grundlagen.

Current Topics in Flavours and Fragrances (Springer)
Wissenschaftlicher Überblick zur Duftstoffchemie und Syntheseprozessen.

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