Learning Together: Haarausfall - Entstehung, Formen und Behandlungen

 
 

Haarausfall - Ursachen, Formen und Behandlungsmöglichkeiten

Haarausfall ist ein Thema, das viele Menschen betrifft. In Österreich sind Schätzungen zufolge rund 70 % der Männerund etwa 40 % der Frauen im Laufe ihres Lebens davon betroffen.

Doch ab wann spricht man eigentlich von Haarausfall und wie lässt sich dieser zuverlässig diagnostizieren und behandeln? Was können wir selbst tun, um Haarausfall vorzubeugen?

Let’s learn together.

WAS IST HAARAUSFALL?

In der medizinischen Fachsprache wird Haarausfall als „Effluvium“ bezeichnet. Der Begriff „Alopezie“ beschreibt hingegen den Zustand der verminderten Haardichte nach dem Ausfall.
Das Effluvium bezeichnet also den aktiven Prozess, die Alopezie das Ergebnis.

Ein Mensch besitzt durchschnittlich 85.000 bis 150.000 Kopfhaare - die genaue Zahl und Haarstruktur sind genetisch festgelegt und verändern sich im Laufe des Lebens.
Verschiedene innere und äußere Faktoren können dazu führen, dass dieser natürliche Wachstumszyklus aus dem Gleichgewicht gerät.

DER WACHSTUMSZYKLUS EINES HAARES

Jedes Haar durchläuft drei Phasen:

  • Anagenphase (Wachstumsphase) - dauert 2 – 6 Jahre; etwa 80–90 % der Haare befinden sich in dieser Phase.

  • Katagenphase (Übergangsphase) - dauert etwa 2–3 Wochen; das Haarwachstum stoppt.

  • Telogenphase (Ruhephase) - dauert rund 2–4 Monate; das Haar wird schließlich abgestoßen.

Am Beginn einer neuen Anagenphase wird das alte Haar (Kolbenhaar) abgestoßen - ein völlig normaler Vorgang. Täglich verliert man 80–100 Haare, bei einer Haarwäsche auch bis zu 300 Haare, ohne dass das krankhaft wäre.

AB WANN SPRICHT MAN VON KRANKHAFTEM HAARAUSFALL?

Wenn der tägliche Haarverlust über längere Zeit mehr als 100 Haare beträgt, spricht man medizinisch von einem Effluvium.

Ein wichtiger diagnostischer Parameter ist der A/T-Quotient, also das Verhältnis zwischen der Zahl der Haare in der Anagenphase (A) und der Telogenphase (T):

  • Gesundes Kopfhaar: A/T ≈ 80/20

  • Gesundes Barthaar: A/T ≈ 50/50

Verschiebt sich dieser Quotient beim Kopfhaar zugunsten der Telogenhaare, liegt ein Haarausfall vor.

FORMEN DES HAARAUSFALLS

Alopezien werden in nicht-vernarbende und vernarbende Formen sowie nach ihrem Verteilungsmuster (diffus oder umschrieben) unterteilt.

1. Androgenetische Alopezie (AGA)

Die häufigste Form des Haarausfalls.
Ursache ist eine genetisch bedingte Empfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber Dihydrotestosteron (DHT), einem Abbauprodukt des Testosterons. Die Wachstumsphasen verkürzen sich, die Haare werden dünner, bis sie schließlich ausfallen. Der Prozess verläuft meist langsam über Jahre bis Jahrzehnte.

Therapiemöglichkeiten:

  • Minoxidil (topisch): fördert die Durchblutung der Kopfhaut und verlängert die Wachstumsphase.

  • Finasterid (oral, für Männer): hemmt die Umwandlung von Testosteron in DHT.

  • Antiandrogene bei Frauen (z. B. Cyproteronacetat, Spironolacton) oder lokale Östrogene.

  • PRP- oder Mesotherapie: können unterstützend angewendet werden; die Evidenzlage ist noch begrenzt.

  • Haartransplantation: bei stabiler AGA möglich.

2. Alopezia areata (AA)

Eine nicht-vernarbende, autoimmunbedingte Alopezie, bei der autoreaktive T-Lymphozyten die Haarfollikel angreifen. Es entstehen klar begrenzte, runde kahle Areale.

Mögliche Begleiterkrankungen:
Autoimmunerkrankungen (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis, Typ-1-Diabetes), atopische Dermatitis, Heuschnupfen, Nahrungsmittelallergien.

Therapieoptionen:

  • Topische oder intraläsionale Glukokortikoide

  • Phototherapie (UVA, PUVA)

  • Topische Immuntherapie (z. B. mit Diphencyprone oder Quadratsäuredibutylester)

  • Zinkpräparate (unterstützend, kein gesicherter Wirksamkeitsnachweis)

3. Diffuse Alopezie

Hierbei kommt es zu einem gleichmäßigen Haarausfall über die gesamte Kopfhaut - ohne klar abgegrenzte Stellen. Die häufigste Form ist das Telogene Effluvium, bei dem vermehrt Haare vorzeitig in die Ruhephase übergehen.

Häufige Auslöser:

  • Medikamentennebenwirkungen (z. B. Betablocker, Retinoide, Zytostatika, Antikoagulanzien, Antidepressiva)

  • Hormonelle Veränderungen (z. B. Schwangerschaft, Menopause)

  • Mangelzustände (Eisen, Zink, Eiweiß, Biotin)

  • Schilddrüsenfunktionsstörungen

  • Chronischer Stress oder akute Erkrankungen

  • Mechanische Reize (z. B. zu enge Frisuren, Traktionsalopezie)

Therapie:

  • Behebung der zugrunde liegenden Ursache

  • Ernährung anpassen, Stressmanagement, Medikamentencheck

  • Ergänzend: topische Tinkturen, PRP oder Mikronährstoffpräparate

4. Alopecia cicatricialis (vernarbende Alopezie)

Bei dieser Form werden die Haarfollikel irreversibel zerstört und durch Narbengewebe ersetzt.
Ursachen sind meist chronische Entzündungen, Infektionen (bakteriell, mykotisch), Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus erythematodes, Lichen planopilaris) oder Verbrennungen.

Therapie:

  • Antibiotika oder Antimykotika bei infektiöser Genese

  • Glukokortikoide oder Immunsuppressiva bei autoimmuner Genese

  • Haartransplantation (nur bei vollständig abgeheilter Entzündung möglich)

🔍 DIAGNOSEMÖGLICHKEITEN

Eine gezielte Diagnostik ist entscheidend, da die Therapie von der Ursache abhängt.

Wichtige Verfahren:

  • Anamnese: Eigen- und Familienanamnese

  • Trichogramm / TrichoScan: mikroskopische Analyse der Haarwurzeln

  • Labor: Eisen, Ferritin, Zink, Schilddrüsenhormone, Sexualhormone, Vitamin D, Leberwerte, Entzündungsparameter

  • Kopfhautbiopsie: bei unklaren oder vernarbenden Formen

Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.

WAS KANN MAN PRÄVENTIV TUN?

  • Ausgewogene Ernährung: reich an Vitamin C, Biotin, Eisen, Zink, L-Cystin und Proteinen

  • Crash-Diäten vermeiden

  • Regelmäßige Blutuntersuchungen

  • Stressmanagement: Bewegung, Meditation, Massage

  • Sanfte Haarpflege: keine zu heißen Geräte, keine straff sitzenden Frisuren

  • UV-Schutz für die Kopfhaut: z. B. durch Kopfbedeckungen

  • Nikotin- und Alkoholkonsum reduzieren, da beides die Mikrozirkulation beeinträchtigen kann

Community-Erfahrungen

Hier sind persönliche Tipps bei Haarausfall, die im Rahmen einer Community-Befragung der Selfcare Society häufig als ergänzende oder unterstützende Maßnahmen genannt wurden (ohne Anspruch auf medizinische Wirksamkeit):

  • Rizinusöl

  • Zink 25 mg/Tag

  • Vitamin B12

  • Kolloidales Silizium

  • Gerstengras, Hagebutten & Kurkuma-Drinks

  • Kieselerde + Rizinusöl

  • Zink + Biotin

  • Vichy Dercos-Shampoo

  • Neemöl

  • Eisen-Supplementierung

  • PRP-Behandlung

  • Regaine-Schaum (Minoxidil)

  • Coenzym Q10 + Biotin (z. B. Cosphora)

  • Kollagen-Drinks

Worauf du unebdingt achten solltest:
Haarausfall kann viele Ursachen haben - von genetischen Faktoren bis hin zu hormonellen oder ernährungsbedingten Einflüssen. Eine ärztliche Abklärung (Dermatolog:in oder Tricholog:in) ist immer der erste Schritt, bevor mit einer gezielten Behandlung begonnen wird.

Quellen:

  • Gesundheitsportal Österreich („gesundheit.gv.at“) - „Haarausfall – Ursachen und Behandlung“: Überblick über die genetische Form (androgenetische Alopezie), Unterschiede zwischen Männern und Frauen sowie typische Muster.

  • Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG): S3-Leitlinie Alopecia Areata, 2022

  • European Dermatology Forum: Guidelines for the Management of Androgenetic Alopecia, 2023

  • Trüeb RM. Telogen Effluvium. Med Clin North Am, 2021

  • Messenger AG, Sinclair R. Hair loss in women: Diagnosis and management. BMJ, 2022

  • Wolff HH et al. Effluvium und Alopezie: Diagnostik und Therapie in der Praxis. Hautarzt, 2020

  • Verein Haarausfall Österreich e.V. - eine österreichische Selbsthilfe-/Infoorganisation speziell zu Haarausfall.

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